Dienstag, 24. Oktober 2017

... und wie schaff`ich das mit dem Stillen?

Das war ja nun ein recht einseitiger Post von mir: Mütter, ran an die Brüste!

Wie schaff ich das mit dem Stillen? Wo erhalte ich Unterstützung?

Ich war bei meinem ersten Kind doch relativ blauäugig, in vielen Dingen. Geburt? Keine Ahnung, wird schon klappen! Stillen? Dito! Was mir in beiden Punkten sehr geholfen hat: das babyfreundliche und stillfreundliche Krankenhaus und meine Hebamme.

Du brauchst wen, der sich auskennt mit dem Stillen, der Dich anleitet und der Dich unterstützt.

Warum? Weil Baby und Mutter gemeinsam das Stillen lernen müssen. Das Kind muss richtig "andocken" und saugen. Die Mama braucht eine entspannte Umgebung, damit der Milchspendereflex gut funktioniert. Das ist wie Fahrrad fahren, immer wieder probieren, sich helfen lassen, und eines Tages habt ihr den Dreh raus.

Es ist ganz wichtig, dass die Mutter das Kind in den ersten beiden Stunden nach der Geburt an die Brust legt. In dieser Zeit ist das Baby sehr "wach" und möchte an die Brust. Und die Mutter ist voller Glückshormone, die ihr beim Stillen helfen. Selbst wenn Du langfristig nicht stillen möchtest, ist das Stillen kurz nach der Geburt  super gut, denn dabei erhält das Baby die Vormilch. Sie enthält ganz viele Immunstoffe und schützt das Baby vor Infektionen. Man nennt die Vormilch auch "Kolostrum".

 Stell` diese Fragen bei der Wahl der Geburtsklinik: Unterstützt das Krankenhauspersonal das "bonding" in den ersten zwei Lebensstunden des Babys? Gibt es Anleitung fürs Anlegen kurz nach der Geburt? Gibt es geschultes Personal/eine Stillberaterin/Hebammen auf der Wochenbettstation?
Die Auszeichnung "babyfreundliches Krankenhaus" weist darauf hin, dass hier bestimmte Standards auch bezüglich des Stillens eingehalten werden.

Suche Dir so früh wie möglich eine Nachsorge-Hebamme, die Dich zu Hause auch beim Stillen unterstützt.

Für einen guten Stillstart sind Ruhe und gute Anleitung unerlässlich.
Als ich mit der Großen in Bensberg (Vincent-Palotti-Krankenhaus) war, erhielt ich beides: Meine Tochter wurde per "finger-feeding" gefüttert. Ich pumpte meine Muttermilch ab. Anfangs kam wenig Muttermilch. Durch Abpumpen und immer wieder Anlegen wurde die Milchproduktion in Schwung gebracht. Nach ein paar Tagen hatte ich den Milcheinschuss und plötzlich knallvolle Brüste! Denn jedes Anlegen stimuliert die Brustdrüsen, mehr Milch zu produzieren. Es ist also wichtig, das Baby immer wieder anzulegen.


In manchen Situationen ist es fürs Stillen jedoch besser, so schnell wie möglich nach Hause zu gehen. Z.B. wenn es wenig Unterstützung im Krankenhaus gibt und große Unruhe herrscht. Wenn Du eine Nachsorge-Hebamme hast und es Deinem Kind und Dir gut geht, kann ich das nur empfehlen. Nicht selten klappt es mit dem Stillen zu Hause besser als im Krankenhaus.
Babys dürfen übrigens in den ersten Tagen bis zu 7% ihres Geburtsgewichtes verlieren. Eine Gewichtsabnahme in den ersten Tagen ist also nicht unbedingt ein medizinisch triftiger Grund, Euch nicht gehen zu lassen.

Hilfreiche Tipps für den Stillstart im Krankenhaus:


1. Das Baby in den ersten beiden Stunden zum ersten Mal anlegen. 

2. Auf das richtige Anlegen achten: Kind "Bauch an Bauch" halten, das Baby öffnet den Mund weit, die Brustwarze wird vollständig erfasst, die Nase ist frei. In diesem Video wird das richtige Anlegen dargestellt. Wenn das Stillen schmerzhaft ist, die Hebamme fragen, ob das Kind richtig "angedockt" ist.

3. Geduldig sein. Es kann ein paar Tage dauern, bis der Milcheinschuss kommt. Eine ruhige, entspannte Atmosphäre hilft bei den ersten Stillversuchen. Nicht gleich aufgeben!


4. Stillen nach Bedarf, d.h. das Baby immer anlegen, wenn es nach der Brust verlangt

5. Auf das Baby achten: Fäustchen? Saugbewegungen? Unruhe? Anzeichen für Hunger? - Anlegen

Aber auch: Gibt es andere Gründe für das Unwohlsein des Babys, wie z.B. volle Windel, Langeweile, braucht Nähe zB. durch Herumtragen und Schaukeln, oder Beruhigung durch Lieder singen.
Ist es vielleicht einfach nur müde und findet nicht in den Schlaf? Stillen ist nicht immer die richtige Antwort auf die Bedürfnisse des Babys. Lerne Dein Kind und seine Zeichen kennen!

6. Partner*in einbinden:  Dir ein Getränk bringen, das Baby herumtragen oder beschäftigen, das Baby wickeln etc...!

6. Viel Luft und Sonne an die Brüste lassen und ggf. nach dem Stillen mit Lanolin pflegen.

7. Wolle/Seide-Stilleinlagen ausprobieren (ich bin ein großer Fan - aber nicht jede findet sie gut. Es gibt  sie z.B. hier.)

8. Stillverwirrung in den ersten 2-3 Wochen vermeiden: möglichst keinen Schnuller und kein Fläschchen geben! Das Baby braucht in aller Regel keine zusätzliche Flüssigkeit und sollte möglichst auch im Krankenhaus nicht zugefüttert werden, auch wenn in den ersten Tagen nicht so viel Milch kommt.

Zu Hause:

1. Geduld! Zeit! liebevolle Unterstützung! Vertrauen in das Stillen!
2. Still-Sessel/bequemer Still"stammplatz"
3. Stillkissen unter die Arme legen
4. Getränk daneben, am besten in einem großen Becher
5. Partner*in, Familie, Freunde einbinden: Dir ein Getränk bringen, Essen kochen, Aufgaben im Haushalt abnehmen, Baby herumtragen, wickeln oder beschäftigen etc...!
6. Buch zum Lesen für Dich - vielleicht mag dein Kind auch ruhige Musik?
(beim ersten Kind ging das wunderbar. Habe während des Stillens "Herr der Ringe" gelesen...)
7. Verschiedene Stillpositionen zeigen lassen und ausprobieren. Immer mal wieder Position wechseln, damit die Brust optimal geleert wird. Abwechselnd mit der rechten oder linken Brust beginnen.
8. "Baby-Balkon" nutzen oder Gitterbettchen direkt ans Bett stellen; nachts im Liegen (auf der Seite) stillen: das ist superbequem, wenn´s dann mal klappt: Kind andocken, weiterdösen; Kind an die andere Brust, weiterdösen...

erster Tag im Wochenbett!

9. Wochenbett als solches gestalten: möglichst wenig Besuch, und wenn dann nur unterstützenden Besuch (der seinen Kaffee und Kuchen selbst mitbringt oder gerne mal eine Suppe vorbeibringt)
Viel Zeit mit Baby-Kuscheln im Bett verbringen.
Häufigste Ursache für Brustentzündungen ist Stress!  
Für uns war es für den Stillstart ein Segen, dass Verwandte weit entfernt wohnten und keiner mal eben unangekündigt vor der Tür stehen konnte. Später hatte das erhebliche Nachteile, unbestritten... 

10. Was viele Mütter bewegt: Trinkt mein Kind genug?
Dazu gibt es z.B. von der La Leche Liga einen Infoflyer: Trinkt mein Baby genug?
Ab ca. der 2. Lebenswoche sollte das Baby in 24h jeweils ca. 5-6 mit Urin gefüllte Windeln haben. Anfangs haben Babys ca. 3x täglich eher flüssigen/weichen Stuhlgang. Später kann alles zwischen 1x täglich bis 1x wöchentlich Stuhlgang normal sein.

Wenn das Kind gut zunimmt, also mindestens 140mg in der Woche, die Haut rosig und gut gespannt ist und das Baby aktiv ist, kannst Du entspannt davon ausgehen, dass alles in Ordnung ist.

Nach ein paar Wochen pendelt sich die Milchproduktion ein, und irgendwann fühlen sich die Brüste gar nicht mehr "voll" an, denn sie produzieren einen Gutteil der Milch dann, wenn das Baby trinkt, und nicht im Voraus. Lass dich davon nicht irritieren und zu der falschen Annahme führen, Du hättest "nicht genug Milch"!
Es ist nur sehr, sehr selten, dass eine Mutter ihr Kind nicht ausreichend mit Muttermilch versorgen kann.

Wenn es Probleme gibt, suche Dir Hilfe bei Deiner Hebamme, einer Stillberaterin oder besuche eine Stillgruppe. Du bist nicht allein! Du und Dein Baby, ihr könnt gemeinsam das Stillen lernen, so wie es unzählige Mütter und Babys in der Geschichte der Menschheit gelernt haben.

Ich wünsche Euch eine tolle Stillzeit!


Hilfreiche Links rund ums Stillen hier und in der sidebar:

Häufige Probleme beim Stillen 
Alles für die Stillzeit
Trinkt mein Kind genug Milch?
Anlegen und Stillpositionen

Sonntag, 15. Oktober 2017

Stillen - lohnt sich das?

Meine Kinder sind längst alle abgestillt. Ich muss mich in diesem Punkt gegenüber niemandem mehr verteidigen oder rechtfertigen. Umso mehr erstaunt mich, dass es Frauen gibt, die sich rechtfertigen müssen - zum Beispiel, wenn sie in der Öffentlichkeit stillen. Oder wenn sie länger als "sonundsoviel" Monate stillen.
Andererseits finde ich es auch nicht gut, wenn Frauen, die Fläschchen geben, kritisiert werden. Auch sie haben gute Gründe, warum sie es so tun.

Die positiven Effekte des Stillens sind sehr vielfältig. Egal, ob frau kurz oder lange stillt, 1 Monat oder 12 Monate, die positiven Effekte bestehen während der ganzen Stilldauer, egal, wie kurz oder lange. Auch dann, wenn teilweise Fläschchen gegeben wird, nur wenige Monate oder mehrere Jahre gestillt wird.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ausschließliches Stillen in den ersten 6 Monaten und weiterhin begleitendes Stillen bis Ende des 1. Lebensjahres und darüber hinaus, solange Mutter und Kind es möchten.

Vorteile.

Immunsystem

Die Muttermilch enthält mütterliche Antikörper gegen alle möglichen Keime, die der Mutter im Laufe ihres Lebens begegnet sind.
Das Immunsystem des Babys ist noch nicht ausgereift, wenn es zur Welt kommt. Es entwickelt sich nach und nach. Wenn das Kind mobiler wird, also in der 2. Hälfte des ersten LJ., kommt es mit immer mehr Keimen in Kontakt und kann so ein gutes Immunsystem ausbilden. Wir wissen, dass Babys alles in den Mund stecken, um es zu erkunden. In dieser Zeit ist der zusätzliche Schutz durch die Muttermilch sehr wertvoll.
Wenn gerade ein Magen-Darm-Virus die Runde macht, bildet die Mutter Antikörper dagegen. Das Baby nimmt die Antikörper auf und erhält so einen zusätzlichen Schutz seiner Schleimhäute.
Gestillte Kinder erkranken seltener an Magen-Darm-Grippe und stecken es meist besser weg. Die Gefahr der Austrocknung ist geringer, da die Muttermilch sehr leicht verdaulich ist und auch bei angegriffener Magenschleimhaut noch gut vertragen wird.
Sehr kleine Babys erkranken selten an Magen-Darm-Grippe. Kleinkinder zwischen eins und zwei, die evtl. zusätzlich die Kita besuchen, schon öfter. Und da ist das Stillen dann eine wunderbare Hilfe: das Kind nimmt weiterhin Flüssigkeit zu sich. Es wird schneller gesund. Es erfährt Nähe und Geborgenheit gerade dann, wenn es sich echt mies fühlt.

Warum sollte ich freiwillig auf diese Schutzmechanismen verzichten und nach ein paar Monaten abstillen? Gerade dann, wenn es für das Baby langsam wichtig wird. Aus den gleichen Gründen würde ich ein Kind nicht abstillen, wenn es in die Kita kommt. Da geht der Keimaustausch erst richtig los! Für mich war in Krankheitszeiten die stabile Flüssigkeitsquelle Gold wert.
Gesellschaftlich betrachtet würde es auch weniger Krankenhausaufenthalte von Kleinkindern geben. Neben Magen-Darm-Viren gibt es noch andere "nette" Vertreter wie z.B. Herpangina, Hand-Mund-Fuß-Erkrankung, Grippeviren, Drei-Tage-Fieber etc.etc....

Ich möchte dennoch betonen, dass jede Mutter selbst entscheidet, wie lange sie stillt und wie lange das gut für sie und ihr Kind ist.

Hier der Erfahrungsbericht einer Mutter  (englischsprachig).


Schutz vor chronischen Erkrankungen

Dieser Schutz wird noch breit diskutiert.
Fest steht, dass gestillte Kinder  im späteren Leben seltener übergewichtig sind oder Bluthochdruck, Diabetes oder Asthma haben.
Dies hat sowohl für jeden einzelnen Auswirkungen als auch für die Gesellschaft. Ein Kind, das an Asthma erkrankt, muss regelmäßig zum Arzt oder Medikamente einnehmen. Das kann eine Herausforderung für die Familie sein. Bluthochdruck oder Diabetes tritt meist erst im Erwachsenenalter auf. Beide Erkrankungen gehören zu den "Zivilisationskrankheiten" und können weitere Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Das bedeutet, dass das Stillen auch für das Kind lange über die Stillzeit hinaus Bedeutung hat.
Für die Gesellschaft hieße es auch, wenn mehr Kinder länger gestillt werden, würden wir sehr, sehr viel Geld im Gesundheitswesen sparen. Deswegen finde ich es so wichtig, dass Frauen, die stillen, von der Allgemeinbevölkerung wohlwollend und unterstützend betrachtet werden.
Aber auch Frauen, die Fläschchen geben, sollten Respekt und Anerkennung erhalten, sie kümmern sich ebenfalls liebevoll um ihre Kinder.


Ich möchte hier meine eigene Beobachtung einfließen lassen. In unseren Familien gibt es eine Neigung zu Asthma und Neurodermitis. Manche Verwandte waren als Kinder massiv betroffen.  Das war einer der Gründe, warum ich meine Kinder sehr lange gestillt habe.

Mein Sohn wurde bis ins 3. LJ gestillt. Bis dahin hatte er keine Probleme mit der Haut. Im zweiten Winter nach dem Abstillen kam dann ein Leck-Ekzem und ganz leichte, minimale trockene Hautstellen zwischen den Fingern, die prima auf Hautpflege ansprachen. Nach einem weiteren Jahr war der Spuk vorbei.
Meine Tochter wurde gestillt, bis sie 26 Monate alt war. Mit fünf hatte sie eine sehr schlimme obstruktive Bronchitis, weswegen sie im Krankenhaus war. Sie hat nun eine milde Form von Asthma und braucht manchmal Medikamente.
Es könnte sein, dass eine lange Stilldauer den Beginn einer chronischen Erkrankung nach hinten verschiebt. In ein Zeitfenster, in dem das Immunsystem noch ausgereifter ist, und die Erkankung milder verläuft. Vielleicht war das nur bei uns so. Im Krankenhaus fiel mir auf, wie viele deutlich jüngere Kinder da bereits mit Atemwegserkrankungen zu tun hatten. Aber dies sind nur Beobachtungen und nicht wissenschaftlich fundiert.


Für die Mutter.

Stillen senkt das Brustkrebsrisiko der Mutter. Und es sinkt mit jedem weiteren Monat Stilldauer. Es sinkt auch nach 12 Monaten noch.
Es kommt dennoch selten vor, dass stillende Mütter an Brustkrebs erkranken. Und es heißt auch nicht automatisch: "Du hast wohl nicht (lange genug) gestillt?!", denn es gibt verschiedene Ursachen für die Entstehung eines Tumors.
Aktualisierung: Nach neuesten Erkenntnissen senkt das Stillen (genauso wie mehrere Schwangerschaften) das Brustkrebs-Risiko sogar bei Hochrisiko-Frauen
mit genetischer Vorbelastung (BRCA1 und BRCA2), siehe hier.

Stillen senkt auch das Risiko für Eierstock- und Gebärmutterkrebs.


Stillen senkt auch die Gefahr, im Alter an Osteoporose (Knochenschwund) zu erkranken. Denn nach dem Abstillen wird in die Knochen wieder mehr Kalzium eingelagert. Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen, die gestillt haben, sogar ein niedrigeres Osteoporose-Risiko nach den Wechseljahren haben, als Frauen, die nicht gestillt haben. (Aber die Studienlage ist hier nicht ganz eindeutig.)


Praktisches.

Meine Kinder sind langzeitgestillt worden. Ich habe bei allen dreien nach spätestens 1 Jahr wieder angefangen zu studieren oder zu arbeiten. Alle drei waren ab ca. 1 Jahr in Betreuung bei der TaMu oder in der KiTa. Auch das ist keine Schwierigkeit. Ich fands sogar sehr schön, dass sie beim Abholen erst mal Muttermilch trinken wollten. Sie haben so Nähe und Geborgenheit nachgeholt. Manchmal wurde ich dafür komisch angeschaut. Eine Tagesmutter hat mal ihren Unmut geäußert, aber ich habe gesagt, dass das Kind ganz gut zwischen ihr und mir unterscheiden kann. Und so war es auch, natürlich hat das Kind dort ganz normal mitgegessen und Tee oder Wasser getrunken.

Ich habe die Beobachtung gemacht, dass meine Kinder mit einem guten Rückhalt und selbstbewusst losgezogen sind, so als wäre ich die Insel, zu der sie gern zurückkehren, wenns mal draußen stürmisch war. Sie waren genauso schnell selbständig wie andere Kinder, und sind es heute noch.
Ich habe einen Mann, der das lange Stillen total unterstützt hat, dadurch war es für mich auch einfacher, weiter zu stillen.Und dafür bin ich ihm sehr dankbar!
 

Stillheldinnen

Eine gute Bekannte von mir hat 8 Wochen nach der Geburt wieder angefangen zu arbeiten - und stillt 8 Monate danach immer noch. Auch das geht! Es gibt Milchpumpen, super unterstützende Ehemänner und verständnisvolle Arbeitgeber.
Eine andere persönliche Heldin hat 9 (!) Monate lang abgepumpt, jede einzelne Mahlzeit, weil Stillen an der Brust nicht klappte. Sie hat die Muttermilch dann mit der Flasche gefüttert. Diese liebe Frau hatte wirklich Ausdauer und Disziplin! Sie war überzeugt, dass es das Beste für ihr Kind ist.

Ich finde, wir sollten diese "Heldinnen-Geschichten" teilen. Wir dürfen da auch mal stolz drauf sein, diese Schwierigkeiten gemeistert zu haben, Lösungen gefunden zu haben. Ich möchte Mut machen: Stillen ist möglich, es gibt Lösungen, es ist auch mit Berufstätigkeit vereinbar. Es ist das Beste für die Kinder, und alle profitieren davon, Mütter und Kinder. Es lohnt sich!


Stillen hat auch Nachteile.

Bei uns war es tatsächlich so, dass ich ein Kind sehr lange selbst ins Bett bringen musste (die anderen beiden waren da weniger fixiert auf mich), auch wegen des Stillens.
Das kann schon aufreiben, v.a. wenn man doch mal wieder abends weggehen möchte.
Ich hatte auch Phasen, in denen ich das Stillen als sehr anstrengend empfand. Deswegen habe ich meiner Großen nach 1,5J. den "Nachmittags-Trunk" abgewöhnt, weil ich danach oft sehr k.o. war.
Man kann das Stillen auch den eigenen Bedürfnissen anpassen bzw. Kompromisse finden.

Ich war etwas neidisch auf meine Freundin, die abgepumpt hat: da konnte auch der Mann mal füttern. Das hat bei uns leider nicht geklappt, meine Kinder haben die Flasche abgelehnt. Wahrscheinlich habe ich das zu spät probiert. Aus meiner Erfahrung denke ich, man sollte vor dem 3. Lebensmonat regelmäßig abpumpen, damit der Vater auch mal ran kann und frau wieder mehr Freiheit hat. 

Fazit:


Ich habe die Stillzeit geliebt, es hat mir auch eine innere Stärke verliehen (es ist einfach genial, mein Kind selbst zu versorgen!), ich habe es selten als einengend empfunden. Im Gegenteil: ich fand es sehr befreiend, nichts mitnehmen zu müssen und trotzdem genug dabei zu haben. In Krankheits- und Krisenzeiten war es einfach klasse. Ich hatte Glück, beim ersten Kind eine tolle Hebamme gehabt zu haben, die mich angeleitet hat.

Stillen macht glücklich!














Samstag, 6. Mai 2017

Hebammen in der Geburtshilfe - Hebammen in Deutschland

(diesen Text habe ich 2016 geschrieben. Ist immer noch aktuell.)

Seit meiner ersten Schwangerschaft vor nunmehr 9 Jahren interessiere ich mich sehr für Geburtshilfe. Im Laufe der Zeit habe ich viel Literatur gelesen und eigene Erfahrungen gesammelt:
3 "eigene" Geburten, davon eine im Krankenhaus, eine im Geburtshaus und eine zu Hause; meherere Klinikgeburten in Praktika/PJ im Krankenhaus miterlebt; davon: ein echter Notkaiserschnitt bei vorzeitiger Plazentaablösung; eine komplett interventionsfreie Geburt eines über 4kg-Baby und keine Verletzungen...; der Rest Einleitungen, KS bei Frauen, die den Geburtsschmerz nicht durchstehen konnten und wollten, unnötige Episiotomie, angstvolle Geburtssituationen ohne Not, Oxygabe zur Plazentalösung (aktives Management nennt man das); schnelle Abnabelungen, schmerzhaftes Nähen nach der Geburt; ....

Ich habe verschiedene Hebammen kennengelernt, wobei ich nur meine eigene Hebamme, die mich in allen drei Schwangerschaften und bei den beiden außerklinischen Geburten begleitet hat, wirklich "kenne". Dazu habe ich mit Frauenärzten zusammengearbeitet und gesprochen. Außerdem seitenweise Literatur gewälzt, mit Vorliebe Studien, Metaanalysen etc. Recherchiert, wie es in anderen Ländern aussieht.

In den letzten zwei bis drei Jahren hat sich die Situation für Hebammen in Deutschland und damit auch in der Geburtshilfe zugespitzt. Die Versicherungsprämien für Hebammen haben sich seit 2011 quasi von ca. 3000 EUR auf heute ca. 5000EUR fast verdoppelt. Aber auch Belegärzte und Krankenhäuser ächzen unter der Last der Versicherungsprämien: Wenn ich Frauenärztin wäre und heute eine Versicherung für außerklinische und stationäre (Beleg-)Geburten abschließen wollte, kostete mich das 106.000 Euros. (nein, kein Tippfehler.) In Krankenhäuser sieht es teils so aus, dass die Geburtshilfe 60% der gesamten Haftpflichtprämie fürs ganze Haus ausmacht.

Warum ist das so? Zunächst einmal: die Zahl der Schadensfälle hat zumindest für Hebammen abgenommen in den letzten Jahren.(Siehe dazu die Stellungnahme Sept. 2014 des DHV) Dafür sind die von den Gerichten zugesprochenen Schadenssummen drastisch gestiegen. Ein weiteres Problem für die Hebammen ist, dass sie mit ihrem Privatvermögen haften, sollte die Deckungssumme der Versicherung überschritten werden. Detailliert dargelegt ist die Problematik in einer Stellungnahme des DHV (Sept. 2014), das hier zu finden ist (pdf-Datei.).

Ich zitiere aus oben genannter Stellungnahme:
"Ursache für die Unmöglichkeit der Versicherung von Geburtsschäden sind also weder eine Zunahme der Schadensfälle - dies schon deshalb nicht, weil die Schadenszahlen zumindest für die Hebammen derzeit rückläufig sind - noch eine falsche Prämienverteilung, sondern einzig die Verteuerung schwerer Personenschäden im Heilwesen in Verbindung mit der derzeitigen Haftpflichtstruktur. Diesem strukturellen Dilemma kann nur mit einer strukturellen Änderung des derzeitigen Haftpflichtsystems wirksam entgegengetreten werden."
("Stellungnahme des Deutschen Hebammenverbandes e.V. zur Haftpflichtsituation im Bereich der freiberuflichen Hebammentätigkeit" September 2014, Seite 6)

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wieso diese Last einer so kleinen Fraktion aufgepackt wird, die noch dazu derart schlecht verdient. Ich bin immer wieder fassungslos über Leserkommentare frei nach dem Motto: Hebammen sollen gefälligst für ihre Fehler geradestehen und auch diesen enormen gesellschaftlichen Beitrag leisten! Ja, Hebammen machen Fehler. Und dafür müssen sie in irgendeiner Form einstehen. Allerdings ist es schlicht unmöglich, die geforderten Summen abzusichern. Das ist ja der Grund, weshalb die Versicherungen eigentlich gar keine Versicherung mehr anbieten wollen: weil dieses Risiko kaum kalkulierbar ist. Wer weiß, welche Summen die Gerichte in ein paar Jahren zusprechen? Wer weiß, wie hoch die Kosten dann sind, auch aufgrund längerer Lebenszeiten und guter Versorgung?

Letztlich ist es ein gesellschaftliches Problem: Gerade in der Geburtshilfe gibt es keine endgültigen Sicherheiten. Damit müssen wir leben. Und wir müssen als Gesellschaft dafür sorgen, dass Kinder, die geschädigt wurden, ein menschenwürdiges Leben führen können. Es ist in meinen Augen inakzeptabel, dieses Problem einfach bei den Hebammen abzuladen, denn sie können diese Last nicht stemmen. Es wäre jetzt ziemlich blödsinnig zu sagen, na, dann sollen sie es halt lassen. Denn irgendwer muss den Frauen ja beim Gebären helfen, und wer, wenn nicht die Hebammen?

Viele meinen, es ginge hier nur um Hausgeburten oder Geburtshäuser (von denen immer mehr schließen müssen wegen dem Kostendruck der Versicherer). Aber es geht um SO VIEL MEHR.

Von der Problematik sind auch Beleghebammen betroffen, die deutschlandweit etwa 20% aller Geburten begleiten. In Bayern sind es sogar 60% aller Geburten. Insbesondere in ländlichen Gegenden und kleinen Krankenhäusern, ist dies eine Möglichkeit, die wohnortnahe Geburtshilfe aufrechtzuerhalten. Dazu kommen dann die Belegärzte - die in der gleichen Versicherungsproblematik stecken wie die Hebammen.

Immer mehr kleine Geburtskliniken werden geschlossen, nicht zuletzt wegen der gestiegenen Versicherungskosten. Aber auch, weil sich vieles verändert hat in der Krankenhauswelt: Krankenhäuser müssen sich "rechnen". Auch Geburtsabteilungen müssen sich "rechnen". Das funktioniert aber nur ab einer gewissen Größe, denn insbesondere die Personalkosten bleiben gleichbleibend hoch. Man kann eine Krankenhausabteilung nämlich nicht einfach mit nur drei Ärzten oder Hebammen aufrecht erhalten. Geht nicht. Wie sollen die 24h und Wochenenden und Feiertage abdecken? Also werden diese kleinen Abteilungen geschlossen oder in Belegabteilungen umgewandelt. Dazu braucht man aber Belegärzte und Beleghebammen. Davon hören immer mehr auf, weil es schier nicht leistbar ist angesichts der Versicherungssummen. Also verschwindet die Geburtshilfe vor Ort dann eben.So oder ähnlich vielfach geschehen in den letzten Jahren - aufsehenerregend bspw. auf Sylt. Oder auf Föhr.

Es gibt einige ärztliche Kollegen - so erst vor ein paar Monaten im DÄ gelesen - , die sind der Meinung, ein paar große Geburtskliniken sind viel besser als viele kleine Kliniken. Ja, für die großen Kliniken ist das besser. Denn dann verdienen sie mehr. Man kann mit weniger Personal noch mehr Geburten durchführen. Wenn in drei kleinen Abteilungen immer etwa 1-2 Hebammen anwesend sind und so etwa 400-500 Geburten im Jahr begleitet werden, dann glaubt mir: nach Zusammenlegung zu einer großen Geburtsklinik mit ca. 1200-1500 Geburten im Jahr sind dann nicht plötzlich 6 Hebammen pro Schicht da. Nein, da sind dann mit viel Glück drei oder vier Hebammen, die gleichzeitig 6 bis 10 Geburten betreuen müssen. Das Zahlenverhältnis Hebamme pro Gebärende wird noch schlechter.
Das ist übrigens ein Phänomen, das (ehemalige) Klinikhebammen beklagen: Man hat gar nicht die Zeit, eine Frau in ihrer Geburt zu begleiten. Man muss gleichzeitig mehrere Frauen betreuen. Und dann geht es nur noch um Schadensbegrenzung. Ein einfühlendes, aufmerksames Beobachten ist gar nicht möglich. Wie sollen dann negative Entwicklungen unter der Geburt frühzeitig bemerkt werden und dann u.U. mit ganz einfachen Interventionen schlimmeres verhindert werden (Positionswechsel; Ermutigung; Essen...) ? Wie oft ist das Kind dann schon in den Brunnen gefallen, und der einzige Ausweg ist der schnelle Kaiserschnitt...

Nein, ich kann diese Entwicklung weg von der wohnortnahen Geburtshilfe hin zu wenigen großen Geburtsabteilungen definitiv nicht gutheißen.
Es gibt übrigens ein Land, das seit Jahren überwiegend mit großen Geburtszentren und wenigen bis keinen ausgebildeten Hebammen arbeitet: die USA. Und dort gibt es seit vielen Jahren ein großes Problem, was die Geburtshilfe angeht, denn das "Outcome" ist gruselig. Die Müttersterblichkeit ist durchschnittlich fast 5-mal so hoch wie in Deutschland und steigt seit 1987 an!
Zahlen: D:4/100.000, z.B. hier; USA: 2011: 17,8/100.000 Lebendgeborener
und für die afroamerikanischen Mütter liegt sie in Größenordnungen, die für westliche Standards inakzeptabel und unfassbar sind: 2011: 42,8/100.000 Lebendgeborenen!!

Sicher gibt es noch einige andere Faktoren, die diese Zahlen in den USA generieren. Eines ist aber sicher: die Abschaffung der Hebammen und der große Wissensverlust, der damit einhergeht, hat maßgeblich dazu beigetragen. So sehr viele schlüssige andere Erklärungen gibt es da nicht, außer der, dass die Fähigkeit zur vernünftigen Geburtshilfe einfach verloren gegangen ist zwischen wirtschaftlichen Interessen der Krankenhäuser und fast ausschließlich ärztlicher, pathologisierender Betreuung der Schwangeren und Gebärenden. Wir reden hier von einem hochtechnisierten Land mit medizinischer Spitzenausstattung.

Wollen wir das? Wollen wir, dass Hebammenwissen um den guten Verlauf einer Geburt verloren geht? Wissen, wie man auch kompliziertere Geburtsverläufe zu einem guten Ende bringt? Wollen wir die Geburt unserer Kinder komplett in den medizintechnischen Apparat stecken? Glauben wir, dass die Technik "besser" ist für unsere Mütter und Babys? Diesen Glauben in das Alles-Machbare hat es immer wieder gegeben, und immer wieder sind die Menschen damit auf die Nase gefallen. Wollen wir dieses Experiment wagen, an unseren Schwangeren und unseren Neugeborenen?
Denn das ist es, was auf dem Spiel steht, wenn es immer weniger Hebammen gibt, die in immer größeren Kliniken immer mehr Frauen gleichzeitig betreuen sollen.

Hebammen sind darüber hinaus nicht nur während der Geburt da. Sie leisten Vorsorge und Nachsorge der Schwangeren, die bei zunehmender Überlastung der ärztlichen Kollegen auch nottut. Wer spricht mit den Frauen über ganz grundlegende Dinge, wie z.B.: Was brauche ich eigentlich alles, und was nicht? Wie funktioniert das mit dem Stillen oder auch mit den Fläschchen? Was kann ich tun, wenn mein Baby schreit? Wer hilft den Frauen, die nach zwei oder drei Tagen aus der Klinik entlassen werden? Gerade in den ersten Tagen (und Wochen) ist es schon aus medizinischer Sicht unerlässlich, dass eine Hebamme nachsieht, ob es dem Neugeborenen gut geht, es an Gewicht zunimmt, das Stillen klappt, Fragen noch geklärt werden können, die Frauen/Familien unterstützt, sich an die neue Situation anzupassen. Es gibt genügend Frauen, die wenig Hilfe aus der Familie haben, nicht zum Bildungsbürgertum gehören, noch Teenies sind etc. etc. Es ist nicht abzuschätzen, was hier an gesundheitlicher Versorgung wegbricht, wenn  noch mehr Hebammen aufhören. Und es sind sehr wohl auch Hebammen, die "nur" Vor- und Nachsorge anbieten, die das Handtuch schmeißen, einfach, weil der Verdienst nicht mehr kalkulierbar ist und derzeit auch gar nicht klar ist, wie es nach 2016 weitergeht.

Was wir brauchen, ist hier eine große Reform. Kein Klein-Klein mit Nachbesserungen hier und da. Jetzt mal die Regresse und die Versicherungsbeiträge deckeln, das wird schon reichen.

NEIN, das reicht eben nicht, denn hier ist bereits ein Prozess im Gange, den wir dringend umkehren müssen, wenn uns etwas an unseren Müttern und Kindern liegt!

Wir brauchen einen Haftungsfonds, der von der Gesellschaft oder wenigstens von allen beteiligten medizinischen Professionen getragen wird. Mit dieser Forderung bin ich nicht alleine: der Deutsche Hebammenverband und der Elternverein "Mother Hood e.V.
www.hebammenunterstuetzung.de" sieht das genauso. Und wir brauchen eine Umstrukturierung der Geburtshilfe, weg von der Zentralisierung, weg von der Maxime der Wirtschaftlichkeit.  
Geburten lohnen sich immer, zumal für eine schrumpfende Gesellschaft! Das muss sich in der Bezahlung der Hebammen wiederspiegeln. Krankenhäuser, die Geburtsabteilungen wohnortnah erhalten, sollten auch finanziell darin bestärkt werden.

(In dem Zusammenhang plädiere ich übrigens für eine Angleichung der Fallpauschalen von Kaiserschnitten und spontanen, interventionsarmen Geburten, da zweitere in aller Regel der bessere Weg für Mutter und Kind sind. Aber das sind Nebenschauplätze.)

Hebammen sollten in ihrer Stellung im Gesundheitssystem gestärkt werden, d.h. bei unkomplizierten Schwangerschaften die Vor- und Nachsorge überwiegend übernehmen (das tun in D überwiegend Frauenärzte) und nur bei pathologischen Vorgängen Ärzte hinzuziehen. Das wäre im Moment wahrscheinlich nicht möglich, da es nicht genügend Hebammen gibt. - Ich merke, mein Ansatz ist noch unausgegoren. Ich möchte neue Denkansätze anstoßen. Zu Ende denken müssen das Hebammen, Ärzte, Eltern, KVen und Krankenkassen und nicht zuletzt die Politik.

Schwangerschaft und Geburt gehört in Hebammenhand, sie sind die Spezialisten dafür.  Hebammenbetreuung in der Schwangerschaft kann die Zahl der Frühgeborenen reduzieren. 1:1-Betreuung durch eine Hebamme ist ein wichtiger Faktor für die Reduzierung der Säuglings- und Müttersterblichkeit. Europäische Länder mit noch niedrigeren Zahlen der Müttersterblichkeit, z.B. Schweden, haben ein hebammenzentriertes System mit 1:1-Betreuung unter Geburt.

Es muss was Neues her! 
"Ebenso füllt niemand jungen, gärenden Wein in alte, brüchige Schläuche. Sonst platzen sie, der Wein läuft aus, und die Schläuche sind unbrauchbar. Nein, jungen Wein füllt man in neue Schläuche! Nur so bleibt beides erhalten."
Matthäus-Evangelium, 9. Kapitel, Vers 17.