Mittwoch, 13. März 2019

Masern, Masern...

Alle paar Wochen hört man zur Zeit wieder von kleineren und größeren "Masernausbrüchen" in verschiedenen Gegenden von Deutschland. Manchmal besteht dieser Ausbruch aus einer einzigen Person. Da das Virus so sehr ansteckend ist, müssen SchülerInnen ihren Impfstatus nachweisen und dürfen nur zur Schule, wenn sie zweimal geimpft sind. Die Rufe nach einer Impfpflicht für Masern werden immer lauter, vor allem vom Bundesverband für Kinder- und Jugendmedizin.

Was ist da eigentlich los? Bei Schuleintritt haben wir eine Impfquote im ganzen Land von ca. 93-95%, das ist doch eigentlich ganz gut, oder? Warum stecken sich zunehmend Jugendliche und Erwachsene an? Sind die alle nicht geimpft? Masern ist plötzlich "eben keine Kinderkrankheit" mehr.

Vor kurzem habe ich bei meinen Eltern ein älteres Exemplar der "Kinder-Sprechstunde" aus dem Regal gezogen, ein Standardwerk von kinderärztlich tätigen Antroposophen. In diesem ca. 20 Jahre alten Buch ist bereits ganz klar dargelegt, was die Masernimpfung bewirkt, und die "Vorhersagen" haben sich bewahrheitet: Die Erkrankung hat sich auf die noch nicht geimpften Säuglinge sowie auf junge Erwachsene mit nicht ausreichendem Antikörperstatus verschoben.

Die Masernimpfung ist eine Lebendimpfung und kann daher nicht vor dem 12. Lebensmonat verabreicht werden.
Jetzt ist die erste Generation an "durchgeimpften" Kindern so weit, selbst Kinder zu bekommen.
Es ergeben sich mehrere Probleme für die Neugeborenen:
Mütter können Masern-Antikörper als sog. Nestschutz über die Plazenta (den Mutterkuchen) sowie später über das Stillen an ihr Kind abgeben.

Aber:
1.Wenn die Mutter nicht geimpft ist und auch keine Masernerkrankung durchgemacht hat, verfügt sie über keinerlei Antikörper, die sie ihrem Kind mitgeben könnte. 
2. Wenn die Frau als Kind geimpft wurde, ist ihr Antikörperspiegel niedriger als nach einer durchgemachten Maserninfektion. Der Nestschutz fällt dann geringer aus und kann evtl. den Zeitraum bis zur Masernimpfung des Kindes nicht überbrücken.

(in Anlehnung an: Pharmazeutische Zeitung)

Im Klartext: Seit wir kleine Mädchen impfen, steigt das Risiko für ihre Kinder, im ersten Lebensjahr an Masern zu erkranken.

Natürlich ist der Herdenschutz dann umso wichtiger.

Aber wie ist das mit den Jugendlichen und Erwachsenen?
Früher waren Menschen nach einer durchgemachten Masernerkrankung ihr Leben lang immun.
Dachte man. Das hatte aber einen ganz wichtigen Grund: Es war ganz natürlich, dass das Immunsystem immer mal wieder Bekanntschaft mit ein paar Masernviren gemacht hat und so zur Bildung neuer Antikörper angeregt wurde. Da heute die meisten Menschen geimpft sind und Masernerkrankungen insgesamt sehr selten geworden sind, fällt diese "natürliche Boosterung" weg.
Es gibt jetzt schon Einzelfälle, z.B. von einem Kinderarzt, der Masern in der Kindheit hatte, der sich in Berlin bei der Masernepidemie angesteckt hat.

Es bleibt also die Frage, ob zwei Masernimpfungen einen effektiven lebenslangen Schutz darstellen.
Wie hoch ist eigentlich der Anteil der nicht geimpften Erwachsenen, die die Masern auch nicht durchgemacht haben?
Sehr interessant in dem Zusammenhang ist, dass in vielen anderen europäischen Ländern erst im Kindergarten- oder Schulalter die 2. Masernimpfung erfolgt.

 Die Masernimpfung ist sehr erfolgreich darin, Kinder im Kindesalter vor einer Erkrankung
 zu schützen. Sie hat aber ihre Schwächen bei dem Teil der Bevölkerung, der weitaus am meisten gefährdet ist.

Hieraus gibt es im Prinzip nur einen Ausweg:

Impfen, impfen, impfen. Zusehen, dass der Herdenschutz für alle ausreicht. Darauf achten, dass alle Frauen vor einer Schwangerschaft einen kompletten Impfschutz haben und dass sie alle mindestens 12 Monate stillen.

Die Alternative wäre wahrscheinlich sehr riskant und ethisch nicht machbar:
Man könnte den Impfzeitpunkt deutlich nach hinten verschieben, sagen wir, ins 4. oder 5. Lebensjahr.
Das würde dazu führen, dass einige Kinder die Masern im Kindesalter durchmachen würden. Das würde dazu führen, dass mehr Erwachsene einen ausreichenden Immunschutz haben und dass Geimpfte und nicht Geimpfte immer mal wieder "natürlich geboostert" werden. Es würde dazu führen, dass mehr Frauen ihren Babys einen besseren Nestschutz gewähren könnten.
Es würde aber auch dazu führen, dass kleine Babys zunächst sehr viel schlechter geschützt und einem größeren Risiko der Infektion ausgesetzt wären. Auch Geschwisterkinder wären verstärkt betroffen. Das wäre ethisch nicht vertretbar.

Die Masern-Impfung wurde massiv ausgeweitet in einer Zeit, als die Stillraten sehr, sehr niedrig waren, also Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre.Bereits in den 60ern hat die Flaschennahrung ihren Siegeszug angetreten. Möglicherweise war eine Folge davon, dass mehr Säuglinge an Masern erkrankten und schwer erkrankten oder starben. Möglicherweise hat dies zur Ausweitung der Masernimpfung überhaupt erst geführt. Vielleicht wäre Masern in einer Gesellschaft mit gutem allgemeinen Gesundheitszustand für Kinder nicht so dramatisch.



Unter welchen Umständen ist Masern wirklich gefährlich?
Ist es nicht so, dass die Grundkonstitution eines Kindes einen Einfluss darauf hat?
Sind nicht vor allem Säuglinge und ältere Kinder sowie Erwachsene gefährdet?


Umso wichtiger ist der Herdenschutz; auch vor dem Hintergrund von immer mehr chronisch kranken Kindern und Erwachsenen.

Vielleicht sollten wir Masernausbrüche besonnen und gelassen nehmen. Sie haben langfristig einen positiven Effekt auf den Herdenschutz.

Meine Kinder sind übrigens gegen Masern geimpft. Und gegen Corona..😉